Verehrtes Publikum,
"Alles neu macht der Mai" heißt ein altes Sprichwort und wie könnte einem beim Anblick von blühenden Bäumen und Sträuchern nicht der Gedanke an eine Veränderung kommen – vielleicht sogar an eine Typveränderung? Wie wäre es zum Beispiel mit einem frechen Bob oder einer elegant geschwungenen Welle? Oder sind Sie auf der Suche nach Möglichkeiten, um die lange Mähne neu zu interpretieren? Kommen Sie mit in den 20er Jahre-Schönheitssalon und lassen Sie sich inspirieren!
Für Mutige: Der Bob
Schlägt Ihr Herz für alles Wilde, Laute, Unkonventionelle? Sind Sie im Inneren ein kleiner Rebell? Vielleicht wäre dann ein Bob genau das Richtige für Sie! Aber in welcher Länge, mit Pony oder ohne, glatt oder lockig? Wer den Bob wählt, hat die Qual der Wahl, denn die Möglichkeiten sind endlos und die prominenten Inspirationsquellen zahlreich.
Von der Skandalfrisur zum Signature-Schnitt einer ganzen Generation
Obwohl es schon Anfang des 20. Jahrhunderts mutige Frauen wie die französische Schriftstellerin Colette oder die Tänzerin Polaire wagten, sollte es noch eine ganze Zeit dauern bis der Bob salonfähig wurde. Galt eine üppige Haarpracht ein paar Jahrzehnte davor noch als Inbegriff von Weiblichkeit und Schönheit, änderte der erste Weltkrieg dies schlagartig. Frauen übernahmen vielerorts die Stellen der Männer, die im Krieg kämpften. Durch diesen neuen Arbeitsalltag wurden lange Haare zusehends als unpraktisch oder hinderlich empfunden. Als nach Ende des Krieges Frauen weiterhin für ihr eigenes Auskommen sorgten, war der Siegeszug der Kurzhaarfrisur nicht mehr aufzuhalten – the Bob was born.
Sollten Sie jetzt Lust auf einen Bob-Schnitt bekommen haben, hier eine kleine Auswahl an verschiedenen Varianten:
Eton Crop
Die wohl kürzeste Bob-Variation verdankt seinen Namen einem Jungen-Haarschnitt, der sich auf der prestigeträchtigen Eton-Schule in England großer Beliebtheit erfreute. Glatt an den Kopf gekämmt und mit Pomade (Brillantine) fixiert, machten zwei Damen diesen Schnitt besonders populär: Josephine Baker und Bessie Love.
Doch der Eton Crop hatte nicht nur Bewunderer. Margot Asquith, Lady Oxford sagte 1927 über den Haarschnitt:
Frauen, die weder Hinterkopf noch Scheitel haben und deren Gesichter so groß wie Schinken sind, erscheinen in den Salons des Königs und haben blaue Nackenpartien vom Rasieren.
Orchid Bob
Der Orchid Bob ist ein klassischer 1920er Bob, meist glatt getragen mit
Seitenscheitel. An den Wangen laufen die Haare sichelförmig zu, die Seitenpartien sind häufig mit Haarnadeln festgesteckt.
Coconut Bob
Beim Coconut Bob werden die Haare kurz und eckig bis zu den Wangenknochen hin geschnitten. Dazu gehört ein Pony, der meist etwas über den Augenbrauen aufhört. Der Schnitt ähnelt dem von Louise Brooks, doch wird hier keine Brillantine verwendet und der Scheitel ist fast nicht sichtbar.
Windblown / Windswept Bob
Wie der Name schon sagt, ist dies die zerzauste, "vom Winde verwehte" Variante des Bobs. Oft ist die vordere Partie in Teilen glatt nach vorne (als Pony) oder nach hinten gekämmt, die Seiten sind lockig antoupiert und nach außen geföhnt. Manche Trägerinnen türmen dazu noch Haarpartien zu kleinen Kunstwerken auf (siehe Foto Mitte).
Egyptian Bob
Mit der Egyptomania, die nach der Entdeckung des Grabes von Tutanchamun ausbrach (mehr dazu hier), wurde der Egyptian Bob populär. Inspiriert von der Darstellung ägyptischer Frauen auf alten Reliefs, wurde dieser Bob glatt und mit sehr dünnem Pony getragen.
Charleston Bob
Eine etwas weichere, femininere Variante ist der Charleston Bob oder Charleston Cut, benannt nach dem berühmten Tanz, der wie kaum ein anderer mit den 20er Jahren verbunden wird. Meist mit Seitenscheitel, mal mit, mal ohne Pony, doch immer mit der charakteristischen Wasserwelle.
Für den glamourösen Auftritt: Die Wasserwelle
Wie der Charleston Tanz ist die Wasserwelle über die Zeit zu einem Sinnbild der 20er Jahre geworden. Besonders populär ab Mitte des Jahrzehnts wurde sie noch in vielen Varianten bis in die 30er Jahre hinein getragen. Während die Wasserwelle nass mit Kämmen gelegt wurde, gab es auch die Möglichkeit dieselbe Struktur mit Hitze zu erzeugen, dann sprach man allerdings von der Marcel Welle (Marcel Wave). Als Namensgeber für diese Technik gilt der französische Friseur Marcel Grateau (der später seinen Namen zu François Marcel änderte).
Für nicht so kurz entschlossene: Der Fake Bob und andere Alternativen
Sie haben schönes, langes Haar und bereits der Gedanke an einen Kurzhaarschnitt bereitet Ihnen Schwindelgefühle? Sie sind auf der Suche nach neuen Inspirationen Ihre Mähne in bester Flapper-Manier in Szene zu setzen? Dann wären vielleicht diese Frisuren etwas für Sie:
Pringle Bob
Schauspielerin Aileeen Pringle wollte den Schritt zur Kurzhaarfrisur nicht sofort wagen und tastete sich zunächst langsam heran. Sie behielt ihre langen Vorderpartien und kürzte nur hinten ihre Haare. Für den kurzen Bob-Look steckte sie das längere Haar hinten in Rollen auf, sodass die Illusion perfekt war.
Fake Bob
Es gibt auch andere Varianten, sein langes Haupthaar in einen Bob zu schummeln, ganz ohne etwas abzuschneiden. Die Haare können im Nacken zu einem Chignon zusammengenommen werden oder in Pin Curls (kleine zu Schnecken zusammengerollte Haarsträhnen) eng am Kopf festgesteckt werden. Besonders schön kommt der Fake Bob mit gewellten Haaren daher.
Earphones
Eine weitere beliebte Frisur, die eine Bob-Illusion erzeugt, ist der sogenannte Earphone-Style. Die Haare werden dafür in der Mitte gescheitelt, beide Partien geflochten und auf Ohrenhöhe wie Schnecken zusammengerollt. Da die Zopfschnecken wie Kopfhörer direkt auf den Ohren aufliegen, verwundert es nicht, dass die Frisur diesen Spitznamen erhielt.
Ich hoffe, ich habe Sie inspirieren können, ob Sie nun den Gang zum Friseur wagen, oder nicht. Wenn Sie noch auf der Suche nach neuen Ideen bezüglich Ihrer Garderobe sind, schauen Sie doch hier mal vorbei.
Herzlichst Ihre
Marleen Tigersee
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