Meine verehrten Damen und Herren,
das Ende des Jahres rückt immer näher, man kommt aus dem Feiern kaum heraus und wieder und wieder stellt man sich die Frage: Was kann man besonderes trinken, wenn es nicht immer Sekt oder dergleichen sein soll? Wie wäre es da zum Beispiel mit einem raffinierten Cocktail? Wenn Sie beim Wort „Cocktail“ gelangweilt an das Standard-Repertoire der Bar Ihres Vertrauens denken, seien Sie unbesorgt, ich werden Sie mit drei Cocktails vertraut machen, die Sie so vielleicht noch nicht zu sehen und zu schmecken bekommen haben. Natürlich handelt es sich ausschließlich um Drinks, die man bereits in den 20er Jahren zu schätzen wusste und neben Rezept und Hintergrundinformationen bekommen Sie auch noch eine Verkostungsnotiz von mir höchstpersönlich dazu.
Na dann – Cheers!
Mary Pickford
Der Legende nach entstand der Mary Pickford auf Kuba. Barkeeper Fred Kaufman vom Hotel Nacional De Cuba kreierte den Drink zu Ehren der Stummfilmschauspielerin, die (wie viele andere Hollywoodstars zu dieser Zeit) die Insel gerne besuchte, um der Prohibition in den Vereinigten Staaten zu entgehen. Ob die Schauspielerin bei der Geburtsstunde ihres eigenen Cocktails anwesend war oder ihn überhaupt mochte, ist nicht überliefert.
Rezept:
6 cl weißer Rum
6 cl Ananassaft
1 cl Maraschino Likör oder Grenadine-Sirup
1 Maraschino-Kirsche
Verkostungsnotiz:
Selbstverständlich darf bei einem echten Südsee-Cocktail Rum nicht fehlen, allerdings wird er beim Mary Pickford für meinen Geschmack etwas überdosiert. Zusammen mit dem Ananassaft, dem Grenadine-Sirup und der Maraschino-Kirsche gibt dies eine sehr süße Mischung, die sicherlich gut zum Spitznamen der Namenspatronin passt – America's Sweetheart. Wer Cosmopolitan oder Piña Colada schätzt, könnte Freude am Mary Pickford haben, dennoch sollte man nicht zu viel davon zu sich nehmen, um einen bösen nächsten Morgen zu vermeiden.
White Lady
Schöpfer dieses Klassikers der Mixologie ist Barkeeper Harry MacElhone, bekannt aus Harry's New York Bar in Paris. Viele seiner Kreationen sammelte er und veröffentlichte diese schon 1921 unter dem Namen Harry of Ciro's ABC of Mixing Cocktails. Eine frühe Version des White Lady beinhaltete Minzlikör (Crème de Menthe), was allerdings vom Publikum nicht gut genug angenommen wurde, sodass er schließlich durch Gin ersetzt wurde.
Rezept:
6 cl Dry Gin
2 cl Triple Sec
2 cl Zitronensaft
optional: 2 cl Eiweiß
Verkostungsnotiz:
Die Zitrone steht beim White Lady klar im Vordergrund. Der Eiweißschaum verleiht dem Drink eine angenehme Cremigkeit, die Süße des Orangenlikör Triple Sec mildert die Zitrussäure etwas ab, sodass der Cocktail insgesamt rund schmeckt. Als Einstimmungsgetränk für einen feuchtfröhlichen Abend durchaus geeignet, doch empfiehlt sich noch ein paar Tropfen Agostura Bitter auf den Schaum zu geben, um dem White Lady noch etwas zusätzliche Würze zu verleihen.
Gin Rickey
Erfunden wurde der Drink in der Bar Shoomaker's in Washington D.C. von Colonel Joe Rickey um die Jahrhundertwende. Ursprünglich wurde der Cocktail nur Rickey genannt und nach dem Geschmack der damaligen Zeit mit Bourbon Whiskey zubereitet. Doch war es erst der Wechsel von Whiskey zu Gin einige Jahre später, der den Drink zu einem Klassiker werden ließ. Möglicherweise hat die Erwähnung des Gin Rickey in F. Scott Fitzgeralds The Great Gatsby auch nicht geschadet, das Getränk einem breiten Publikum bekannt zu machen.
Rezept:
4 cl Gin
2 cl frischer Limettensaft
optional: 1.5 cl Zuckersirup
Soda
eine Limettenscheibe
Verkostungsnotiz:
Ähnlich dem Gin Tonic kombiniert der Gin Rickey Frische, Säure und Bitternoten zu einem belebenden Getränk, das durch das Sodawasser auch nicht zu stark daherkommt. Am besten serviert in gut gekühlten Tumblergläsern an einem warmen Sommerabend auf einer lauschigen Terrasse. Wem das Sodawasser zu neutral ist und wer generell mehr Wert auf Aromatik legt, sollte jedoch lieber zu einem klassischen Gin Tonic wechseln.
Meine Damen und Herren,
ich hoffe, ich konnte Sie mit dieser kleinen aber feinen Selektion für Ihre nächste Cocktailparty inspirieren. Wenn Sie noch mehr über legendäre Drinks, Bars und berühmte Liebhaber des Alkoholgenusses lesen möchten, kann ich Ihnen A Drinkable Feast – A Cocktail Companion to 1920s Paris von Philip Greene wärmstens empfehlen. Eine faszinierende Auswahl an Drinks, zusammen mit Rezepten und amüsanten Anekdoten über das Who-is-Who der Lost Generation in Paris, ist das Buch der ideale Begleiter für jeden Freund der klassischen Barkultur.
Prost und Chin Chin!
Ihre Marleen Tigersee
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